Publié le 17 mai 2024

Die Einführung autonomer Fahrzeuge in der Schweiz wird weniger durch technologische Hürden als durch das Zusammenspiel von regulatorischer Präzision, topografischer Resilienz und Nischen-Rentabilität bestimmt.

  • Ab März 2025 ist Fahren auf Level 3 auf Autobahnen erlaubt, doch es fehlt noch an zugelassenen Fahrzeugen.
  • Wirtschaftlicher Erfolg zeigt sich zuerst in der Logistik («letzte Meile») und auf definierten Arealen, nicht im städtischen Taxi-Verkehr.

Empfehlung: Konzentrieren Sie sich bei der Planung nicht auf flächendeckende, sondern auf gezielte «Operational Design Domains» (ODD), wo die Technologie heute schon einen klaren Mehrwert bietet.

Die Vision selbstfahrender Autos, die uns sicher und effizient durch den Verkehr navigieren, fasziniert seit Jahren. Weltweit investieren Technologiekonzerne und Automobilhersteller Milliarden in die Entwicklung künstlicher Intelligenz, fortschrittlicher Sensoren und komplexer Algorithmen. Oft heisst es, die Technologie sei fast fertig und die autonome Revolution stehe kurz bevor. Man liest über die fünf Stufen der Autonomie und sieht beeindruckende Videos von Robotaxis in amerikanischen Grossstädten.

Doch die Realität auf Schweizer Strassen sieht anders aus. Während die Technologie grosse Fortschritte macht, sind die wahren Hürden für eine breite Einführung oft subtiler und stärker im lokalen Kontext verwurzelt. Wenn wir die Frage beantworten wollen, wann autonome Fahrzeuge bei uns zur Normalität werden, müssen wir den Blick von der globalen Tech-Euphorie abwenden und uns den spezifischen Herausforderungen stellen, die unser Land prägen. Es geht nicht mehr nur darum, *ob* ein Auto selbst fahren kann, sondern *wo*, *wann* und *unter welchen Bedingungen*.

Die entscheidende Frage ist also nicht, ob die Technologie funktioniert, sondern wie sie sich in das komplexe Gefüge aus Schweizer Gesetzen, unserer anspruchsvollen Topografie und pragmatischen Wirtschaftsmodellen einfügt. Dieser Artikel beleuchtet genau diese Aspekte. Wir analysieren, warum der Fortschritt in der Schweiz einem eigenen Rhythmus folgt und wo die autonomen Systeme schon heute – oft unbemerkt – die Zukunft der Mobilität und Logistik gestalten.

Dieser Artikel bietet Ihnen einen fundierten Überblick über den aktuellen Stand und die realistische Zukunft der autonomen Mobilität in der Schweiz. Er führt Sie durch die technologischen Grundlagen, die rechtlichen Rahmenbedingungen und die vielversprechendsten Anwendungsfälle, die unser Land prägen werden.

Warum fahren autonome Shuttles in Berlin, aber nicht in Zürich?

Die Beobachtung ist frappierend: In Städten wie Berlin oder Hamburg sind autonome Ride-Pooling-Dienste bereits in der Erprobung, während Zürich noch auf vergleichbare Projekte wartet. Der Grund liegt weniger in einem technologischen Rückstand der Schweiz als in einer unterschiedlichen strategischen und regulatorischen Herangehensweise. Deutschland hat mit einem im Jahr 2021 verabschiedeten Gesetz Level-4-Fahrzeuge in klar definierten Betriebsbereichen, sogenannten «Operational Design Domains» (ODD), ermöglicht. Dies schafft eine rechtliche Grundlage für kommerzielle Pilotprojekte auf festgelegten Strecken.

In der Schweiz verfolgt man einen pragmatischeren, auf spezifische Anwendungsfälle ausgerichteten Ansatz. Anstatt auf flächendeckende Robotaxi-Dienste zu zielen, konzentrieren sich viele Akteure auf Nischen mit klarem wirtschaftlichem Nutzen. Wie Martin Neubauer vom Schweizerischen Verband für autonome Mobilität (SAAM) betont, liegt der Fokus hierzulande stärker auf Ride-Sharing-Fahrzeugen, die möglichst viele Passagiere auf optimierten Routen bündeln, anstatt einzelne Personen wie in San Francisco zu befördern. Dieses Modell passt besser zur dichten Siedlungsstruktur und dem gut ausgebauten öffentlichen Verkehr der Schweiz.

Der entscheidende Unterschied ist also die regulatorische Präzision. Deutschland hat einen breiten rechtlichen Rahmen für bestimmte Gebiete geschaffen, was Experimente im öffentlichen Raum erleichtert. Die Schweiz setzt auf eine schrittweise Zulassung, die stark an den Nachweis von Sicherheit und einem konkreten Nutzen gekoppelt ist. Dies führt dazu, dass Innovationen zuerst dort stattfinden, wo die Bedingungen kontrollierbar sind, etwa in der Logistik oder auf Firmengeländen, und nicht zwingend im komplexen Innenstadtverkehr von Zürich.

Von Lidar bis zur Routenwahl: Wie « sehen » und entscheiden autonome Fahrzeuge?

Ein autonomes Fahrzeug muss seine Umgebung präziser wahrnehmen als jeder menschliche Fahrer. Dafür nutzt es ein Arsenal an Sensoren, deren Daten in Echtzeit zu einem 360-Grad-Modell der Welt fusioniert werden. Die drei Hauptakteure sind Kameras, Radar und Lidar. Kameras liefern hochauflösende Farbinformationen und erkennen Verkehrszeichen oder Ampelphasen. Radar-Sensoren senden Radiowellen aus und sind exzellent darin, die Geschwindigkeit und Entfernung von Objekten auch bei schlechtem Wetter zu messen. Lidar (Light Detection and Ranging) schliesslich scannt die Umgebung mit Laserstrahlen und erstellt eine extrem detaillierte dreidimensionale Punktwolke der Umgebung.

Gerade in der Schweiz stellt die Witterung eine besondere Herausforderung für diese Technologien dar. Insbesondere Lidar-Systeme stossen bei Schneefall an ihre Grenzen. Wie Forschungsergebnisse der Empa zeigen, können Schneeablagerungen auf den Sensoren oder dichter Schneefall die Laserstrahlen streuen und das System « blenden ». Dies unterstreicht die Notwendigkeit der topografischen Resilienz: Die Technologie muss nicht nur im sonnigen Kalifornien, sondern auch auf einer verschneiten Passstrasse funktionieren.

Makroaufnahme eines Lidar-Sensors mit Schneekristallen und Laserstrahlen

Hier kommt die System-Redundanz ins Spiel. Da jeder Sensor seine spezifischen Stärken und Schwächen hat, ist die intelligente Kombination aller Daten – die sogenannte Sensorfusion – entscheidend. Wenn der Lidar-Sensor durch Schnee beeinträchtigt ist, kann das Radar-System immer noch zuverlässig vor einem Hindernis warnen. Diesen entscheidenden Vorteil bestätigt auch die Empa-Forscherin Manuela Elser:

Von allen Sensoren, die wir bisher getestet haben, ist das Radar der einzige, der von den Wetterbedingungen nicht wesentlich beeinflusst wird.

– Manuela Elser, Empa-Forscherin

Basierend auf diesem fusionierten Umgebungsbild trifft die künstliche Intelligenz des Fahrzeugs dann die Entscheidungen: Sie klassifiziert Objekte (Ist das ein Fussgänger oder ein Velo?), prognostiziert deren Verhalten und plant die eigene Fahrspur und Geschwindigkeit. Dies geschieht in Millisekunden und erfordert eine enorme Rechenleistung sowie hochpräzise digitale Karten (HD-Karten) für die exakte Positionierung.

Tesla Autopilot oder Waymo: Welche Autonomiestufe ist heute nutzbar?

Die Diskussion über autonome Fahrzeuge wird oft durch die unterschiedlichen SAE-Stufen (Levels) kompliziert. In der Schweiz sind heute Fahrzeuge mit Level-2-Systemen wie dem Tesla Autopiloten oder ähnlichen Fahrassistenten weit verbreitet. Diese Systeme können lenken, beschleunigen und bremsen, erfordern aber die ständige Überwachung durch den Fahrer, der jederzeit eingreifen muss. Rechtlich liegt die volle Verantwortung beim Menschen.

Der nächste grosse Schritt ist Level 3. Hier kann das Fahrzeug unter bestimmten Bedingungen – typischerweise auf der Autobahn im Stau – die Fahraufgabe vollständig übernehmen. Der Fahrer darf sich anderen Tätigkeiten zuwenden, muss aber nach Aufforderung innerhalb einer bestimmten Frist wieder die Kontrolle übernehmen. Die Schweiz macht hier einen entscheidenden Schritt vorwärts: Ab dem 1. März 2025 dürfen Lenker auf Autobahnen das Steuerrad loslassen, sofern ihr Fahrzeug für Level 3 zugelassen ist. Während der automatisierten Fahrt trägt der Hersteller die Haftung.

Genau hier zeigt sich jedoch die Lücke zwischen Gesetz und Markt. Obwohl die rechtlichen Grundlagen bald geschaffen sind, gibt es aktuell kein einziges Auto, das in der Schweiz eine Zulassung für Level 3 besitzt. Hersteller wie Mercedes-Benz, die mit dem « Drive Pilot » in Deutschland und den USA bereits ein solches System anbieten, prüfen derzeit eine Bewilligung für die Schweiz. Der Prozess ist aufwendig und zeigt, dass eine Gesetzesänderung allein noch keine autonomen Autos auf die Strasse bringt.

Fallbeispiel: Die regulatorische Lücke bei Level 3

Mercedes Schweiz prüft aktuell, eine Bewilligung für das autonome System « Drive Pilot » zu beantragen. Obwohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz ab März 2025 gegeben sind, hat bisher noch kein Autobauer eine formelle Zulassung für ein Level-3-System eingereicht. Dies verdeutlicht, dass neben der nationalen Gesetzgebung auch die aufwendigen Homologations- und Testverfahren der Hersteller eine entscheidende Hürde darstellen, bevor eine Technologie für Kunden nutzbar wird.

Die Stufen 4 (Hochautomatisierung in definierten Gebieten) und 5 (Vollautomatisierung überall) bleiben in der Schweiz vorerst auf Pilotprojekte beschränkt. Der folgende Überblick fasst den Status zusammen:

Vergleich der Autonomiestufen und deren Verfügbarkeit in der Schweiz
Stufe Beschreibung Status Schweiz 2025
Level 2 Teilautomatisiert, Fahrer überwacht dauerhaft Bereits erlaubt
Level 3 Bedingt automatisiert, Lenkrad loslassen auf Autobahn Ab März 2025 erlaubt
Level 4 Hochautomatisiert, nur auf genehmigten Strecken Nur für Pilotprojekte

Der Algorithmus-Fehler, der einen autonomen Shuttle in Zürich zum Stopp zwang

Jeder unvorhergesehene Stopp eines autonomen Fahrzeugs erzeugt mediale Aufmerksamkeit und schürt Zweifel an der Zuverlässigkeit der Technologie. Solche Vorfälle, wie sie auch bei frühen Tests in Zürich auftraten, sind jedoch kein Zeichen des Scheiterns, sondern ein integraler Bestandteil eines rigorosen Entwicklungsprozesses. Jeder Fehler, jeder « Edge Case », bei dem das System zögert oder übervorsichtig reagiert, ist eine wertvolle Lektion, die zur Verbesserung der Algorithmen beiträgt.

In der Schweiz wird Sicherheit bei Pilotprojekten grossgeschrieben. Ein hervorragendes Beispiel ist das aktuelle Projekt im Zürcher Furttal. Dort sind auf einer 110 Kilometer langen Teststrecke mit 460 Haltepunkten drei selbstfahrende Fahrzeuge unterwegs. Diese Projekte finden nicht im luftleeren Raum statt, sondern durchlaufen intensive Testphasen in abgesperrten Arealen, bevor sie auf öffentliche Strassen gelassen werden. Das Ziel ist es, die Software mit möglichst vielen realen Szenarien zu konfrontieren und ihre Reaktionsfähigkeit zu validieren.

Die Systeme sind darauf ausgelegt, im Zweifelsfall immer die sicherste Option zu wählen – und das bedeutet meistens, anzuhalten. Die Herausforderung besteht darin, diese defensive Grundhaltung mit einem flüssigen und effizienten Fahrverhalten in Einklang zu bringen. Der Fokus liegt darauf, dass das Fahrzeug lernt, harm- und kontextlos erkannte Objekte richtig zu interpretieren.

Matthias Rödter, Präsident von Swiss Transit Lab, betonte die Sicherheit der Technologie: Bei Tests auf einem Privatgelände habe das System sogar kleine Objekte wie Bälle erkannt, die auf die Strasse sprangen.

– Matthias Rödter, Swiss Transit Lab

Ein Algorithmus-Fehler ist also weniger ein Versagen als vielmehr ein geplanter Datenpunkt im Lernprozess. Er zeigt, dass die Sicherheitsprotokolle funktionieren und liefert den Entwicklern genau die Informationen, die sie benötigen, um die prädiktive KI robuster zu machen. Anstatt das Vertrauen zu untergraben, sind diese öffentlichen Tests ein Beweis für die transparente und sicherheitsorientierte Vorgehensweise in der Schweiz.

Campus-Shuttle oder Stadtverkehr: Wo rentieren autonome Fahrzeuge zuerst?

Die Frage nach der Wirtschaftlichkeit ist zentral für die Verbreitung autonomer Technologien. Während Robotaxis im komplexen Stadtverkehr noch mit hohen technologischen und regulatorischen Hürden kämpfen, zeichnet sich die Nischen-Rentabilität bereits in anderen Bereichen deutlich ab. In der Schweiz sind vor allem zwei Anwendungsfälle vielversprechend: die Logistik auf der «letzten Meile» und der Transport auf klar definierten Arealen wie Firmen- oder Universitätsgeländen.

Ein wegweisendes Beispiel für die City-Logistik ist das Pilotprojekt von Planzer und dem Tech-Start-up Loxo in Bern. Hier wird die letzte, teuerste Etappe der Lieferkette revolutioniert.

Fallstudie: Planzer und Loxo optimieren die «letzte Meile» in Bern

Der Schweizer Logistiker Planzer und Loxo haben in Bern ein City-Logistik-Pilotprojekt gestartet. Ein autonomes Lieferfahrzeug navigiert als fahrender Micro-Hub zwischen dem Planzer-Bahncenter und 14 strategischen Umschlagpunkten auf einem 67 Kilometer langen Streckennetz. Das Fahrzeug mit 2,5 Quadratmetern Ladevolumen für bis zu 64 Lieferungen pro Tour ersetzt teure und ineffiziente Fahrten mit konventionellen Lieferwagen im dichten Stadtverkehr. Dies senkt nicht nur die Betriebskosten, sondern reduziert auch Emissionen und Lärm.

Autonomes Lieferfahrzeug in einer Schweizer Altstadt mit Paketübergabe

Dieses Modell ist aus mehreren Gründen erfolgreich: Die Routen sind fix und wiederholen sich, was die Anforderungen an die Navigation reduziert. Das Fahrzeug operiert in einem klar definierten ODD. Der wirtschaftliche Vorteil ist direkt messbar, da die hohen Schweizer Lohnkosten für Fahrer teilweise kompensiert werden können. Ähnliche Vorteile bieten autonome Shuttles auf grossen Firmengeländen, Flughäfen oder in Ferienresorts. Sie verkehren auf privaten oder wenig komplexen Wegen und erfüllen eine klare Transportaufgabe mit vorhersehbaren Parametern.

Es ist daher wahrscheinlich, dass die meisten Schweizer zuerst mit autonomen Fahrzeugen in Kontakt kommen werden, die Pakete liefern oder sie über ein Firmengelände transportieren, und nicht mit einem Robotaxi, das sie nach Hause fährt. Der Erfolg liegt in der Spezialisierung.

Von der Sensor-Wahrnehmung zur präzisen Bewegung: Die 5 Schlüsseltechnologien moderner Roboter

Damit ein autonomes Fahrzeug oder ein Roboter intelligent agieren kann, muss eine Kette von technologischen Prozessen nahtlos ineinandergreifen. Von der reinen Datenerfassung bis zur physischen Aktion lassen sich fünf Kernkompetenzen unterscheiden, die die Grundlage moderner Autonomie bilden. Diese Technologien sind nicht nur für Autos, sondern für die gesamte Robotik von zentraler Bedeutung.

Die fünf Schlüsseltechnologien sind:

  • 1. Multisensorik: Das Fundament ist die Erfassung der Umwelt durch eine Vielzahl von Sensoren. Wie bereits diskutiert, liefern Kameras, Radar, Lidar und zunehmend auch thermische oder akustische Sensoren komplementäre Datenströme, die jeweils unterschiedliche Aspekte der Realität abbilden.
  • 2. Sensorfusion: In diesem Schritt werden die Rohdaten der einzelnen Sensoren zu einem einzigen, kohärenten und robusten Umgebungsmodell zusammengefügt. Die Software gleicht Widersprüche aus und gewichtet die Informationen je nach Situation (z.B. Radar-Daten bei Nebel höher bewerten als Kamera-Daten).
  • 3. Wahrnehmung und Lokalisierung: Die KI analysiert das fusionierte Modell, um Objekte zu erkennen, zu klassifizieren (Fussgänger, Auto, Velo) und ihre Bewegung vorherzusagen. Gleichzeitig muss der Roboter seine eigene Position mit Zentimetergenauigkeit auf einer hochauflösenden Karte (HD-Karte) bestimmen.
  • 4. Entscheidungsfindung (Path Planning): Basierend auf der Wahrnehmung und dem definierten Ziel plant die zentrale Steuerungseinheit die optimale Route und das Fahrverhalten. Sie trifft strategische Entscheidungen (z.B. Überholmanöver) und taktische Anpassungen (z.B. leichtes Bremsen) unter Berücksichtigung von Verkehrsregeln, Sicherheit und Effizienz.
  • 5. Aktorik und Regelungstechnik: Die digitalen Befehle der Steuerungseinheit müssen in präzise mechanische Aktionen umgesetzt werden. Die Aktorik steuert Lenkung, Bremsen und Beschleunigung. Hochentwickelte Regelungstechnik sorgt dafür, dass die Bewegungen sanft, stabil und exakt wie geplant ausgeführt werden.

Ihr Plan zur Auditierung eines autonomen Systems

  1. Punkte der Interaktion prüfen: Identifizieren Sie alle Sensoren (Kameras, Lidar, Radar, GPS) und Aktoren (Lenkung, Bremse). Wo und wie interagiert das System mit seiner Umwelt?
  2. Datenerfassung inventarisieren: Sammeln Sie Beispiele für die Rohdaten der wichtigsten Sensoren. Wie sieht die Welt aus der « Perspektive » des Lidars im Vergleich zur Kamera aus?
  3. Kohärenz bewerten: Konfrontieren Sie das System mit schwierigen Szenarien (z.B. schlechtes Wetter, unklare Fahrbahnmarkierungen). Wie geht die Sensorfusion mit widersprüchlichen Daten um? Bleibt das Umgebungsmodell stabil?
  4. Entscheidungslogik analysieren: Beobachten Sie das Verhalten in komplexen Situationen. Ist die Reaktion des Systems (z.B. Bremsen, Ausweichen) nachvollziehbar und konsistent? Wo liegen die Grenzen der prädiktiven KI?
  5. Integrationsplan erstellen: Definieren Sie, welche technologischen Lücken für Ihren spezifischen Anwendungsfall geschlossen werden müssen. Liegt die Herausforderung bei der Sensorik, der KI oder der Aktorik?

Pendlerströme, Gütertransport, Dienstleistungen: Wie organisiert sich das Mittelland täglich?

Das Schweizer Mittelland ist das pulsierende Herz der Nation – und gleichzeitig ein Nadelöhr des Verkehrs. Tagtäglich kämpfen Pendler und Logistikunternehmen mit überlasteten Autobahnen und Staus. Die bestehende Infrastruktur stösst an ihre Kapazitätsgrenzen, ein weiterer Ausbau ist teuer und politisch oft umstritten. Genau hier bieten autonome und vernetzte Fahrzeuge eine vielversprechende Perspektive, die über den reinen Komfortgewinn für den Einzelnen hinausgeht.

Die Vision ist ein kooperatives Verkehrssystem. Wenn Fahrzeuge untereinander und mit der Infrastruktur kommunizieren (V2X-Kommunikation), können sie ihre Geschwindigkeit und ihren Abstand perfekt aufeinander abstimmen. Sie fahren wie Perlen an einer Schnur, was den « Ziehharmonika-Effekt » – die Hauptursache vieler Staus – eliminiert. Durch das Fahren in dichteren Kolonnen (Platooning) kann der Verkehrsfluss massiv erhöht werden, ohne dass ein einziger Quadratmeter neuer Asphalt nötig wird.

Die Potenziale sind enorm. Eine Studie der ETH Zürich aus dem Jahr 2020 prognostiziert eine mögliche Kapazitätsverbesserung auf Autobahnen von bis zu 30%, wenn der Verkehr vollständig aus automatisierten und vernetzten Fahrzeugen besteht. Dies würde nicht nur die Reisezeiten für Pendler verkürzen, sondern auch den Gütertransport effizienter und planbarer machen. Logistikunternehmen könnten ihre Flotten optimal steuern und Lieferzeiten präziser vorhersagen.

Für das Mittelland bedeutet dies eine Chance, das Verkehrswachstum nachhaltig zu bewältigen. Anstatt immer neuer Strassen könnten intelligente Systeme die vorhandene Infrastruktur besser ausnutzen. Autonome Fahrzeuge sind somit nicht nur ein Mobilitäts-Gadget, sondern ein potenziell mächtiges Werkzeug der Raum- und Verkehrsplanung, um die Lebens- und Wirtschaftsqualität in der am dichtesten besiedelten Region der Schweiz zu sichern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Einführung autonomer Fahrzeuge in der Schweiz wird durch Regulierung und Nischen-Rentabilität bestimmt, nicht nur durch Technologie.
  • Level 3 wird ab März 2025 auf Autobahnen legal, aber es fehlt noch an zugelassenen Fahrzeugen, was eine Lücke zwischen Gesetz und Realität zeigt.
  • Der wirtschaftliche Erfolg zeigt sich zuerst in der Logistik (z.B. Loxo in Bern) und auf definierten Arealen, wo die Betriebsbedingungen kontrollierbar sind.

Roboter in Fabrik und Haushalt: Welche Schweizer Robotik-Innovationen kommen in den Alltag?

Die Technologien, die autonome Fahrzeuge antreiben, sind Teil einer viel breiteren Revolution in der Robotik. Die Schweiz ist mit ihren Spitzenuniversitäten wie der ETH Zürich und der EPFL ein weltweit führendes Zentrum für Robotik-Innovationen. Viele Entwicklungen, die ursprünglich für die Industrie oder die Forschung konzipiert wurden, finden nach und nach den Weg in unseren Alltag – oft als direkte Vorläufer der autonomen Mobilität auf der Strasse.

Ein exzellentes Beispiel für diesen Technologietransfer ist das ETH-Spin-off ANYbotics. Das Unternehmen entwickelt hochentwickelte, vierbeinige Roboter, die für die autonome Inspektion von Industrieanlagen konzipiert sind. Diese Roboter können sich in komplexem, unstrukturiertem Gelände bewegen, Treppen steigen und Hindernissen ausweichen – Fähigkeiten, die direkt auf die Herausforderungen der urbanen Mobilität übertragbar sind.

Fallstudie: ANYbotics – Von der Industrieanlage zum Gehweg

Die von ANYbotics entwickelte autonome Navigationstechnologie für Inspektionsroboter ist eine Blaupause für andere mobile Anwendungen. Die Algorithmen zur Umgebungswahrnehmung und Bewegungsplanung in unwegsamem Gelände können direkt für die Entwicklung von Lieferrobotern adaptiert werden, die sich sicher auf unebenen Gehwegen bewegen müssen. Dasselbe technologische Fundament wird auch für Spezialfahrzeuge im Katastropheneinsatz genutzt, die in zerstörten oder unzugänglichen Gebieten operieren müssen. Der vierbeinige Roboter ist somit ein Testfeld für die robusten Navigationssysteme der Zukunft.

Diese Synergien sind entscheidend. Die Fortschritte in der industriellen Automation, bei Drohnen für die Inspektion von Infrastruktur oder bei Servicerobotern im Gesundheitswesen treiben die Entwicklung von Kernkomponenten wie Sensorfusion, KI-basierter Entscheidungsfindung und robuster Aktorik voran. Jeder Erfolg in einem dieser Bereiche senkt die Kosten und erhöht die Zuverlässigkeit der Komponenten, was wiederum ihre Anwendung in autonomen Fahrzeugen beschleunigt.

Die Robotik-Innovationen aus Schweizer Laboren sind also nicht von der automobilen Zukunft zu trennen. Sie bilden das technologische Ökosystem, aus dem die nächste Generation autonomer Systeme hervorgehen wird, sei es in der Fabrik, im Haushalt oder auf der Strasse.

Die Analyse der technologischen, regulatorischen und wirtschaftlichen Faktoren zeigt, dass der Weg zur autonomen Mobilität in der Schweiz ein Marathon und kein Sprint ist. Der nächste logische Schritt für Planer, Logistiker und Entscheidungsträger ist es, die spezifischen Anwendungsfälle mit dem höchsten Potenzial im eigenen Umfeld zu identifizieren und Pilotprojekte auf Basis klar definierter «Operational Design Domains» zu evaluieren.

Häufige Fragen zu Autonome Systeme in Mobilität und Industrie

Wie funktioniert Sensorfusion im Alpenraum?

Die intelligente Kombination von Lidar, Radar, Kameras und GPS garantiert die nötige Redundanz für den Betrieb bei Schnee, Nebel und in Tunnels – nur Radar bleibt von Wetterbedingungen weitgehend unbeeinflusst.

Welche Rolle spielen HD-Karten für die Schweizer Topografie?

Hochpräzise Karten sind essentiell für die Navigation in komplexem Gelände. Die lückenlose Kartierung abgelegener Alpentäler bleibt jedoch eine Herausforderung.

Rédigé par Michael Schmid, Michael Schmid ist dipl. Informatik-Ingenieur ETH und Spezialist für digitale Transformation, künstliche Intelligenz und Cybersicherheit. Seit 14 Jahren begleitet er als CTO und Innovationsberater Unternehmen bei der Einführung fortschrittlicher Technologien, von Cloud-Lösungen über KI-Anwendungen bis zu Robotik-Systemen. Er ist zertifizierter CISSP für Cybersecurity und doziert an Fachhochschulen zu Digitalisierungsstrategien.