Publié le 12 mai 2024

Die Schweizer Energiewende hängt nicht von der Addition, sondern von der intelligenten Kombination erneuerbarer Energien ab, um die saisonalen Schwächen der Wasserkraft auszugleichen.

  • Alpine Solaranlagen und Biomasse liefern entscheidenden Winterstrom, wenn die Produktion aus Wasserkraft am niedrigsten ist.
  • Der Erfolg liegt in der Nutzung bestehender Infrastrukturen (z.B. Staumauern) und der Beschleunigung von Bewilligungsverfahren.

Empfehlung: Konzentrieren Sie sich auf Investitionen in Hybrid-Projekte (Solar/Wasser) und Technologien mit hoher Winterproduktion, um die Systemresilienz und Wirtschaftlichkeit zu maximieren.

Die Schweiz, oft als das « Wasserschloss Europas » bezeichnet, steht vor einem energiepolitischen Paradox. Einerseits sichert die Wasserkraft einen Grossteil der heimischen Stromproduktion und bietet eine solide Basis für eine CO2-arme Versorgung. Andererseits hinkt das Land beim Ausbau neuer erneuerbarer Energien wie Solar- und Windkraft im europäischen Vergleich deutlich hinterher. Diese Diskrepanz führt zu einer kritischen Abhängigkeit von Importen und einer wachsenden Unsicherheit, insbesondere während der Wintermonate – der sogenannten « Winterstromlücke ».

Viele Diskussionen konzentrieren sich isoliert auf den Ausbau einzelner Technologien: mehr Solaranlagen auf Dächern, mehr Windräder auf Jurahöhen. Doch dieser Ansatz greift zu kurz. Er übersieht die entscheidende systemische Dimension der Energiewende. Was wäre, wenn der Schlüssel nicht darin liegt, einfach nur *mehr* erneuerbare Energie zu produzieren, sondern die *richtige* Energie zur *richtigen* Zeit zu erzeugen und intelligent zu kombinieren? Der wahre Hebel für eine erfolgreiche Energiewende in der Schweiz liegt in der **saisonalen Komplementarität** – der strategischen Verknüpfung von Wasserkraft mit neuen Erneuerbaren, die genau dann liefern, wenn die Wasserkraft schwächelt.

Dieser Artikel analysiert aus einer systemischen Perspektive, wie eine solche Synergie konkret aussehen kann. Wir untersuchen, warum die Schweiz im Rückstand ist, wie sich die verschiedenen Energiequellen saisonal optimal ergänzen, welches Potenzial in den Alpen schlummert und welche Strategien notwendig sind, um die Versorgungssicherheit bis 2050 zu gewährleisten. Es ist eine Analyse der Komplementaritäten, die das Fundament für eine resiliente und souveräne Energiezukunft bilden.

Um diese komplexe Thematik strukturiert zu beleuchten, gliedert sich der Artikel in eine Analyse der aktuellen Herausforderungen, der technologischen Synergien und der strategischen Lösungsansätze. Das folgende Inhaltsverzeichnis gibt Ihnen einen Überblick über die Schlüsselfragen, die wir beantworten werden.

Warum liegt der Anteil neuer Erneuerbarer bei nur 4%, während Österreich 12% erreicht?

Die Analyse der aktuellen Energielandschaft offenbart eine ernüchternde Realität: Trotz ihres Wohlstands und technologischen Know-hows agiert die Schweiz beim Ausbau von Solar- und Windenergie zögerlich. Eine aktuelle Studie der Schweizerischen Energie-Stiftung bestätigt diese Entwicklung und zeigt, dass die Schweiz bei der Solar- und Windstromproduktion pro Kopf nur auf Platz 22 von 28 europäischen Ländern liegt. Dieser Rückstand ist kein Zufall, sondern das Resultat struktureller Hürden, langwieriger Bewilligungsverfahren und einer historischen Fokussierung auf die Wasserkraft, die Innovationen in anderen Sektoren lange Zeit weniger dringlich erscheinen liess.

Der direkte Vergleich mit dem Nachbarland Österreich verdeutlicht das ungenutzte Potenzial. Österreich, topografisch und ebenfalls von Wasserkraft geprägt, hat eine dynamischere Entwicklung vollzogen. Dort wurde 2024 ein beeindruckender Anteil von 87,8% erneuerbarer Energien an der gesamten Stromerzeugung erreicht. Während die Wasserkraft auch hier dominiert, tragen Windkraft mit 11,4% und ein massiv ausgebauter Photovoltaik-Sektor entscheidend zum Mix bei. Österreichs Erfolg basiert auf klareren politischen Rahmenbedingungen, schnelleren Genehmigungsprozessen und einer breiteren Akzeptanz für diverse erneuerbare Technologien.

Die schweizerische Zurückhaltung führt zu einer geringeren systemischen Resilienz. Während andere Länder ihr Energieportfolio diversifizieren, um saisonale Schwankungen und Abhängigkeiten zu reduzieren, bleibt die Schweiz anfällig für die Volatilität der Wasserkraftproduktion und für Schwankungen auf den internationalen Strommärkten. Die Differenz zu Österreich ist somit weniger eine Frage des technischen Potenzials als vielmehr eine des politischen Willens und der strategischen Weitsicht.

Wasserkraft im Sommer, Biomasse im Winter: Wie ergänzen sich erneuerbare Quellen optimal?

Der Kern einer resilienten Schweizer Energiestrategie liegt nicht im isolierten Ausbau einer einzelnen Technologie, sondern in der intelligenten Orchestrierung verschiedener Energiequellen. Das zentrale Problem ist die **saisonale Komplementarität**: Die Wasserkraft, insbesondere die aus Speicherseen, produziert im Sommer einen Überschuss, während ihre Leistung im Winter, wenn der Energiebedarf am höchsten ist, signifikant abnimmt. Genau hier müssen andere erneuerbare Energien ansetzen, um die « Winterstromlücke » zu schliessen.

Die vielversprechendste Synergie bietet die **alpine Solarenergie**. Im Winter, wenn das Mittelland oft unter einer Nebeldecke liegt, profitieren hochalpine Anlagen von starker Sonneneinstrahlung und der zusätzlichen Reflexion durch den Schnee (Albedo-Effekt). Das Pionierprojekt AlpinSolar am Muttsee liefert hierfür den eindrücklichen Beweis: Alpine Solaranlagen produzieren im Winter bis zu dreimal mehr Strom als vergleichbare Anlagen im Mittelland. Dieser Winterstrom ist für das Schweizer Netz besonders wertvoll, da er genau dann anfällt, wenn die Strompreise hoch und die Importabhängigkeit am grössten ist.

Alpine Solaranlage an einer Staumauer, die die Synergie mit einem Pumpspeicherwerk im Winter symbolisiert

Neben der alpinen Solarenergie spielen auch **Biomasse und Geothermie** eine entscheidende Rolle für die saisonale Balance. Biomasseanlagen können bedarfsgerecht betrieben werden und bieten eine konstante, grundlastfähige Energiequelle, die unabhängig von Wetter und Jahreszeit ist. Sie sind ideal, um im Winter planbare Leistung bereitzustellen. Die Tiefengeothermie, obwohl in der Schweiz noch in den Anfängen, verspricht ebenfalls eine ganzjährig stabile Strom- und Wärmeproduktion und wäre somit eine perfekte Ergänzung zu den volatilen Quellen wie Sonne und Wasser. Die Kombination dieser Technologien schafft ein robustes System, in dem die Stärke der einen Quelle die Schwäche der anderen ausgleicht.

Sonne, Wind oder Erdwärme: Welche erneuerbare Energie hat in den Alpen Zukunft?

Der Alpenraum ist nicht nur das Rückgrat der Schweizer Wasserkraft, sondern auch der Schlüssel für die zukünftige Energieversorgung, insbesondere im Winter. Die Frage ist nicht, ob Sonne, Wind oder Erdwärme Potenzial haben, sondern wie sie am intelligentesten kombiniert und in die bestehende Landschaft integriert werden können. Die Zukunft alpiner Energieprojekte liegt in **Hybrid-Lösungen** und der Nutzung von **Standort-Synergien**.

Ein herausragendes Beispiel ist die bereits erwähnte AlpinSolar-Anlage an der Muttsee-Staumauer. Dieses Projekt zeigt, wie neue Technologien von existierender Infrastruktur profitieren können. Die 2,2-MW-Solaranlage nutzt die Staumauer als Montagefläche und das Netz des Pumpspeicherwerks Limmern für den Stromabtransport. So werden zusätzliche Eingriffe in die Landschaft minimiert und Kosten gesenkt. Die Anlage produziert jährlich 3,3 Millionen kWh, davon die Hälfte im wertvollen Winterhalbjahr. Diese Form von **Hybrid-Kraftwerken**, die Photovoltaik mit Pumpspeicherung kombinieren, gilt als eine der vielversprechendsten Strategien für die Alpen.

Auch die **alpine Windkraft** besitzt erhebliches Potenzial, insbesondere auf Passhöhen, wo im Winter starke und stetige Winde wehen. Projekte wie jenes am Gotthard oder im Griessee-Gebiet zielen darauf ab, diesen Winterstrom zu ernten. Die Herausforderungen sind jedoch gross: Die logistische Erschliessung ist aufwendig, und die Anlagen müssen extremen Wetterbedingungen standhalten. Die Geothermie bleibt eine langfristige Option mit hohem Potenzial für eine grundlastfähige Versorgung, erfordert aber massive Anfangsinvestitionen und geologische Erkundungen. Die Priorität liegt daher kurz- und mittelfristig auf Projekten, die sich gut in bestehende Strukturen einfügen lassen.

Ihr Aktionsplan: Schlüsselfaktoren für erfolgreiche alpine Energieprojekte

  1. Infrastruktur-Analyse: Priorisieren Sie Standorte, die eine bestehende Infrastruktur (Staumauern, Skigebiete, Zufahrtsstrassen) nutzen können, um Kosten und Umweltauswirkungen zu minimieren.
  2. Winterstrom-Potenzial bewerten: Machen Sie die erwartete Winterstromproduktion zum Hauptkriterium bei der Standortwahl und Technologiebewertung.
  3. Stakeholder-Management: Binden Sie lokale Gemeinden, Grundbesitzer und Umweltverbände frühzeitig in die Planung ein, um Akzeptanz zu schaffen und Einsprachen vorzubeugen.
  4. Hybrid-Konzepte entwickeln: Prüfen Sie systematisch die Kombination verschiedener Technologien wie Solar mit Wasser oder Wind mit Batteriespeichern, um die Systemstabilität zu erhöhen.
  5. Wirtschaftlichkeit sichern: Sichern Sie die Finanzierung durch langfristige Stromabnahmeverträge (PPAs) ab, um Investitionssicherheit für die hohen Anfangskosten zu schaffen.

Warum scheitern 60% der Windkraft-Projekte in der Schweiz an Einsprachen?

Während das technische Potenzial für neue erneuerbare Energien, insbesondere für die Windkraft, unbestritten ist, stellt die gesellschaftliche und politische Akzeptanz die grösste Hürde dar. Die hohe Dichte an Einsprachen, die Schätzungen zufolge bis zu 60% der Windkraftprojekte verzögern oder verhindern, ist ein Symptom eines tieferliegenden Problems: ein komplexes, föderalistisches Bewilligungssystem und eine starke Sensibilität für Landschaftsschutz. Projekte werden oft über Jahre blockiert, was die Investitionssicherheit untergräbt und die Energiewende ausbremst.

Die Planer stehen vor einem Dilemma. Sie müssen Standorte finden, die technisch ideal sind (windstark, gut erschlossen) und gleichzeitig auf minimale Opposition stossen. Dieses Spannungsfeld führt oft zu sub-optimalen Kompromissen. Die Aussage von Christian Heierli, Projektleiter bei Axpo für AlpinSolar, ist hier exemplarisch und lässt sich auf die gesamte Branche übertragen:

Wir haben die Anlage nicht hier erstellt, weil es am günstigsten ist, sondern weil wir wussten, dass sie hier auf jeden Fall bewilligt wird.

– Christian Heierli, Projektleiter AlpinSolar bei Axpo

Diese Aussage verdeutlicht, dass die **Planungssicherheit oft wichtiger ist als die technische oder wirtschaftliche Optimierung**. Die Politik hat dieses Problem erkannt. Das 2023 verabschiedete Bundesgesetz zur Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für grosse erneuerbare Energieanlagen, oft als « Solar-Express » und « Wind-Express » bezeichnet, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Eine zentrale Änderung ist, dass für fortgeschrittene Windkraftprojekte von nationalem Interesse neu die Kantone statt der Gemeinden die Baubewilligung ausstellen. Dies soll die Verfahren straffen und lokale Blockaden reduzieren. Ob diese Massnahmen ausreichen, um das Tempo der Energiewende entscheidend zu erhöhen, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

Jetzt Solar oder warten auf Windkraft: Welche erneuerbare Energie wann fördern?

Die strategische Förderung erneuerbarer Energien erfordert eine differenzierte Betrachtung, die über eine pauschale Unterstützung hinausgeht. Für Energieplaner und politische Entscheidungsträger lautet die Kernfrage nicht « ob », sondern « was, wo und wann ». Die Entscheidung muss auf einer systemischen Analyse basieren, die Winterproduktion, Investitionsbedarf und Realisierungshorizont gegeneinander abwägt. Jede Technologie hat ein spezifisches Profil, das sie für bestimmte Phasen der Energiewende mehr oder weniger geeignet macht.

Die alpine Solarenergie zeichnet sich durch ihre hohe Winterproduktion aus, hat aber hohe Anfangsinvestitionen, oft bedingt durch Helikoptertransporte. Der Zeithorizont ist mit 2-3 Jahren jedoch überschaubar. Die Windkraft in den Alpen bietet mit 60-70% Winteranteil das beste saisonale Profil, ist aber mit extrem hohen Investitionen und langen Planungsphasen von 5-10 Jahren verbunden. Im Gegensatz dazu ist die Solarenergie im Mittelland schnell (6-12 Monate) und günstig realisierbar, liefert aber nur etwa 25% ihrer Jahresproduktion im Winter. Die Geothermie bietet eine konstante Grundlast, erfordert aber den längsten Zeithorizont und die höchsten Risikoinvestitionen.

Eine effektive Förderstrategie muss diese Aspekte priorisieren. Kurzfristig ist der Zubau von Solaranlagen im Mittelland sinnvoll, um schnell Volumen zu schaffen. Mittelfristig muss der Fokus jedoch klar auf alpinen Solarprojekten liegen, um die Winterstromlücke gezielt zu adressieren. Langfristig sind grosse Windkraft- und Geothermie-Projekte essenziell für die Grundversorgung. Die folgende Tabelle fasst die strategischen Dimensionen zusammen.

Förderstrategien für erneuerbare Energien nach Saison
Energiequelle Winterproduktion Investitionsbedarf Zeithorizont
Alpine Solar 50% der Jahresproduktion Hoch (Helikoptertransport) 2-3 Jahre
Windkraft Alpenpässe 60-70% im Winter Sehr hoch 5-10 Jahre
Mittelland Solar 25% der Jahresproduktion Niedrig 6-12 Monate
Geothermie Ganzjährig konstant Sehr hoch 10+ Jahre

60% Wasserkraft heute: Welche Energiemix-Strategie sichert die Schweiz bis 2050?

Die Schweizer Wasserkraft ist das unbestrittene Fundament der aktuellen Stromversorgung. Doch sich allein auf diese Säule zu verlassen, wäre für die Zukunft fahrlässig. Die Energiestrategie 2050 des Bundes zielt auf einen schrittweisen Atomausstieg und eine massive Steigerung der Energieeffizienz sowie der Produktion aus neuen erneuerbaren Energien. Das Ziel ist eine Netto-Null-Emission bis 2050. Der Weg dorthin ist jedoch steinig, wie die jüngsten Zahlen zeigen.

Die Wirtschaft warnt in ihrem aktuellen Energieticker vor einer dramatischen Verfehlung der Ausbauziele für erneuerbare Energien um 53% für das Jahr 2024. Statt der angestrebten 2,4 TWh Zubau wurden nur 1,1 TWh realisiert. Diese Lücke verdeutlicht die Dringlichkeit, die Strategie anzupassen und umzusetzen. Eine zukunftssichere Strategie muss auf drei Pfeilern ruhen: massiver Ausbau der Winterstromproduktion, Erhöhung der Energieeffizienz und Stärkung der **europäischen Integration**.

Gerade der letzte Punkt wird oft unterschätzt. Eine stabile Energieversorgung in der Schweiz ist untrennbar mit dem europäischen Strommarkt verbunden. Ohne ein Stromabkommen mit der EU bleibt die Schweiz im europäischen Binnenmarkt ein Drittstaat, was den grenzüberschreitenden Handel erschwert und die Versorgungssicherheit gefährdet. Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) betont in seiner Studie « Energiezukunft 2050 » die Bedeutung dieser Integration. Ein Stromabkommen würde nicht nur die Handelsmöglichkeiten verbessern, sondern das Gesamtsystem resilienter und letztlich auch günstiger machen. Die Strategie bis 2050 muss also zwingend eine innenpolitische Ausbau-Offensive mit einer aussenpolitischen Integrationsstrategie verknüpfen.

Mit einem Stromabkommen würden die Handelsmöglichkeiten für die Versorgung zunehmen und diese insgesamt resilienter und auch günstiger machen.

– VSE, Studie Energiezukunft 2050

Sommerstrom aus Speicherseen: Wann produzieren die Alpen wie viel Energie?

Um die Notwendigkeit der saisonalen Komplementarität zu verstehen, muss man die Funktionsweise der Schweizer Wasserkraft genau kennen. Sie ist keine homogene Energiequelle, sondern gliedert sich in zwei Haupttypen mit sehr unterschiedlichen Produktionsprofilen: Laufwasserkraftwerke und Speicherkraftwerke.

Laufwasserkraftwerke, die sich an grossen Flüssen im Mittelland befinden, produzieren kontinuierlich Strom entsprechend der Wassermenge des Flusses. Ihre Produktion ist im Sommer aufgrund der Gletscherschmelze und höherer Niederschläge am höchsten und im Winter am niedrigsten. Sie bilden die Grundlast der Wasserkraftproduktion.

Die Speicherkraftwerke in den Alpen sind das strategische Herzstück des Systems. Sie sammeln im Sommer Schmelz- und Regenwasser in grossen Speicherseen. Diese Energie wird dann gezielt im Winter abgerufen, wenn der Bedarf und die Preise am höchsten sind. Sie sind die « Batterie » der Schweiz. Aktuelle Produktionsdaten zeigen, dass von den insgesamt produzierten 48,3 TWh aus Wasserkraft rund 28,9 TWh auf Speicherkraftwerke entfallen. Ihre Flexibilität ist entscheidend für die Netzstabilität. Viele dieser Anlagen sind zudem Pumpspeicherkraftwerke, die in Zeiten von Stromüberschuss (z.B. durch Solarenergie am Mittag) Wasser zurück in die Seen pumpen und so Energie speichern können.

Allerdings ist dieses System verwundbar. Der Klimawandel beeinflusst die Gletscherschmelze und verändert die Verfügbarkeit von Wasser im Spätsommer. Gleichzeitig schränken ökologisch notwendige Restwasser-Vorschriften das Produktionspotenzial bei Trockenheit zusätzlich ein. Die massive Produktion von Sommerstrom aus Speicherseen kann die Winterlücke allein nicht schliessen. Sie ist vielmehr die perfekte Partnerin für neue erneuerbare Energien, die genau diese saisonale Lücke füllen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Energiewende der Schweiz stagniert durch einen Mangel an systemischer Vision, nicht durch fehlendes Potenzial.
  • Die Lösung liegt in der saisonalen Komplementarität: Alpine Solaranlagen und Biomasse müssen die Winterlücke der Wasserkraft schliessen.
  • Der Erfolg hängt von der Nutzung bestehender Infrastrukturen und der drastischen Beschleunigung von Bewilligungsverfahren ab.

Solaranlage installieren: Wie amortisiert sich die Investition in 10-15 Jahren?

Die Energiewende ist nicht nur eine makroökonomische und politische Aufgabe, sondern wird auch von den Investitionsentscheidungen von Unternehmen und Privatpersonen getragen. Die Frage der Amortisation ist dabei zentral. Eine Solaranlage auf dem eigenen Dach oder eine Beteiligung an einem grösseren Projekt rechnet sich heute über mehrere Faktoren: den Eigenverbrauch, die Einspeisevergütung und staatliche Förderinstrumente.

Ein wichtiger Hebel ist der **Netzzuschlag**, den alle Schweizer Stromkunden bezahlen. Dieser dient der Förderung erneuerbarer Energien. Der aktuelle Förderbeitrag für Schweizer Stromkunden beträgt 2,3 Rappen pro kWh und fliesst unter anderem in die Einmalvergütung für neue Photovoltaikanlagen, was die Anfangsinvestition deutlich reduziert. Der grösste wirtschaftliche Vorteil entsteht jedoch durch den **Eigenverbrauch**: Jede Kilowattstunde Solarstrom, die selbst verbraucht wird, muss nicht teuer vom Netz bezogen werden. Bei steigenden Strompreisen verkürzt sich die Amortisationszeit, die typischerweise zwischen 10 und 15 Jahren liegt, entsprechend.

Auch für Grossverbraucher wird die Investition immer attraktiver, wie das Beispiel des Detailhändlers Denner zeigt. Durch einen langfristigen Stromabnahmevertrag (Power Purchase Agreement, PPA) sicherte sich Denner für 20 Jahre den Strom aus der AlpinSolar-Anlage zu einem fixen Preis. Laut CEO Mario Irminger ist dies eine strategisch lohnende Investition. Erstens schützt der Fixpreis vor steigenden Marktpreisen und schafft Planungssicherheit. Zweitens ermöglicht die klare Herkunftsdeklaration des alpinen Solarstroms eine positive Positionierung gegenüber den Kunden. Dieses Modell zeigt, dass Investitionen in erneuerbare Energien nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll sind.

Die Analyse zeigt deutlich, dass die technologischen und wirtschaftlichen Weichen für eine erfolgreiche Energiewende gestellt sind. Der nächste logische Schritt besteht darin, diese Erkenntnisse in konkrete Projekte und Investitionsentscheidungen umzusetzen. Evaluieren Sie jetzt das Potenzial einer Investition in erneuerbare Energien, um von der Energiewende strategisch zu profitieren.

Häufig gestellte Fragen zur Schweizer Energiewende

Wie funktionieren Pumpspeicherkraftwerke als Batterie?

Werke wie Linth-Limmern pumpen tagsüber mit Solarstrom-Überschüssen Wasser in höhere Speicherseen und werden so zu den grössten Stromverbrauchern der Schweiz. Abends wird das Wasser wieder abgelassen und produziert Strom für den Spitzenbedarf.

Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf die Wasserkraft?

Kurzfristig erhöht die Gletscherschmelze die Wassermengen, langfristig drohen jedoch geringere Schmelzwassermengen im Spätsommer, was die saisonale Produktionskurve dramatisch verändern wird.

Was bedeuten die Restwasser-Vorschriften?

Diese ökologisch notwendigen Vorschriften schreiben eine minimale Wasserabgabe aus Flüssen vor und schränken das Produktionspotenzial der Wasserkraftwerke besonders bei Trockenheit ein.

Rédigé par Sabine Keller, Sabine Keller ist dipl. Umweltingenieurin ETH mit Spezialisierung auf erneuerbare Energien und Ressourcenmanagement. Seit 16 Jahren plant und begleitet sie als Beraterin Projekte im Bereich Energieeffizienz, Photovoltaik, Gewässerschutz und Kreislaufwirtschaft. Sie ist Inhaberin eines Ingenieurbüros für nachhaltige Energielösungen und engagiert sich in Fachgremien für Klimaschutz und Biodiversitätsförderung.