Publié le 17 mai 2024

Der grösste Hebel für wirksamen Klimaschutz liegt nicht in symbolischen Alltagsgesten, sondern in gezielten, systemischen Entscheidungen.

  • Symbolische Aktionen (z.B. Papierstrohhalme) haben eine vernachlässigbare CO2-Wirkung im Vergleich zu strukturellen Änderungen (z.B. Heizungssanierung).
  • Die grösste Wirkung erzielen Schweizer Bürger nicht nur als Konsumenten, sondern als Investoren (via Pensionskasse) und politische Akteure (via direkte Demokratie).

Empfehlung: Analysieren Sie Ihren persönlichen Impact-Hebel und fokussieren Sie Ihre Energie auf die eine oder zwei Massnahmen mit der grössten nachweisbaren Wirkung, anstatt sie auf viele kleine Aktionen zu verteilen.

Viele von uns kennen das Gefühl: Man möchte einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, fühlt sich aber von der schieren Menge an Ratschlägen und Möglichkeiten überfordert. Das schlechte Gewissen nagt bei jeder Flugreise, bei jedem Stück Fleisch auf dem Teller. Man trennt Abfall, kauft im Bioladen ein und greift zum Papierstrohhalm – doch die Frage bleibt: Bringt das wirklich etwas? Dieses Spannungsfeld zwischen dem Wunsch zu handeln und der Unsicherheit über die tatsächliche Wirkung ist weit verbreitet.

Die gängigen Empfehlungen konzentrieren sich oft auf kleine, alltägliche Verhaltensänderungen. Diese sind zwar gut gemeint, führen uns aber häufig in die « Prioritäten-Falle »: Wir investieren unsere begrenzte Energie in Handlungen mit geringem Effekt und übersehen dabei die wirklich grossen Hebel. Wir optimieren Details, während das System unverändert bleibt. Das Ergebnis ist oft Frustration und das Gefühl, dass die eigenen Bemühungen nur ein Tropfen auf den heissen Stein sind. Dies führt zu einem typisch schweizerischen Impact-Paradoxon: hohes Umweltbewusstsein, aber zögerliche Umsetzung bei wirksamen Massnahmen.

Aber was, wenn der Schlüssel nicht darin liegt, alles ein bisschen besser zu machen, sondern wenige Dinge radikal anders? Was, wenn wir aufhören, unseren Impact zu streuen, und ihn stattdessen gezielt auf die grössten Hebel konzentrieren? Dieser Artikel ist ein strategischer Leitfaden, der Ihnen genau dabei hilft. Wir verlagern den Fokus von vagen Vorsätzen zur messbaren Wirkung und zeigen Ihnen, wie Sie Ihre persönliche und unternehmerische Energie dort einsetzen, wo sie den grössten, nachweisbaren Unterschied für das Klima macht – speziell im Kontext der Schweiz.

Dieser Leitfaden führt Sie durch die Analyse Ihrer persönlichen Handlungsmöglichkeiten, hilft Ihnen bei der Priorisierung und gibt Ihnen konkrete Werkzeuge an die Hand, um Greenwashing zu entlarven und echten, messbaren ökologischen Fortschritt zu erzielen.

Warum scheitern 80% der Umwelt-Vorsätze binnen 3 Monaten?

Der Jahreswechsel ist voll von guten Vorsätzen, doch die Realität ist ernüchternd: Ein grosser Teil davon überlebt das erste Quartal nicht. Im Umweltschutz ist dieses Phänomen besonders ausgeprägt und lässt sich als « Impact-Paradoxon » beschreiben. Es bezeichnet die tiefe Kluft zwischen einem hohen Umweltbewusstsein und dem tatsächlichen, oft zögerlichen Handeln. In der Schweiz ist dieses Paradox besonders sichtbar. Eine Studie des Bundesamts für Statistik zeigt, dass laut einer Erhebung 89% der Schweizer die Umweltqualität als gut bewerten, aber nur 49% glauben, dass die Menschen tatsächlich umweltfreundlicher werden.

Die Gründe für dieses Scheitern sind vielschichtig. Einerseits spielt die kognitive Dissonanz eine Rolle – der innere Konflikt zwischen unseren Werten (Umweltschutz) und unserem Verhalten (z.B. eine Fernreise buchen). Um diesen Konflikt zu lösen, neigen wir dazu, unser Verhalten mit symbolischen Handlungen zu kompensieren, die uns ein gutes Gefühl geben, aber wenig bewirken. Andererseits tappen wir in die Prioritäten-Falle: Angesichts der komplexen Herausforderung konzentrieren wir uns auf einfache, sichtbare Aktionen, deren tatsächlicher Impact aber verschwindend gering ist.

Ein perfektes Beispiel auf nationaler Ebene ist die Debatte um das CO2-Gesetz. Während der Klimaschutz im Sorgenbarometer der Schweizer Bevölkerung seit Jahren einen Spitzenplatz einnimmt, wurde das CO2-Gesetz 2021 an der Urne abgelehnt. Dies zeigt exemplarisch, wie die abstrakte Zustimmung zu Klimazielen an der konkreten Bereitschaft scheitert, persönliche oder finanzielle Konsequenzen zu tragen. Die Absicht ist vorhanden, doch die Umsetzung in eine messbare Wirkung bleibt aus, weil der Weg dorthin unklar, unbequem oder schlecht kommuniziert ist.

Von der Absicht zur Aktion: Der 5-Schritte-Plan für messbaren ökologischen Beitrag

Um dem Kreislauf aus guten Vorsätzen und mangelnder Wirkung zu entkommen, braucht es mehr als nur guten Willen – es braucht eine Strategie. Anstatt sich in Einzelaktionen zu verlieren, hilft ein strukturierter Plan, die eigene Energie gezielt einzusetzen. Die folgende 5-Schritte-Methode, inspiriert von Ansätzen wie jenen des WWF Schweiz, wandelt eine vage Absicht in ein konkretes, messbares Projekt um.

Visualisierung des 5-Schritte-Plans für messbaren ökologischen Beitrag vor einer Schweizer Alpenkulisse

Dieser Plan dient als Ihr persönlicher Kompass, um im Dschungel der Möglichkeiten den effektivsten Weg zu finden:

  1. Schritt 1: Den eigenen Fussabdruck berechnen. Bevor Sie handeln, brauchen Sie eine Datengrundlage. Nutzen Sie einen verlässlichen Rechner wie den des WWF, um Ihren persönlichen ökologischen Fussabdruck zu ermitteln. Das Ergebnis (oft in « Planeten » ausgedrückt) zeigt schonungslos auf, in welchen Lebensbereichen (Ernährung, Wohnen, Mobilität, Konsum) Ihr grösster Hebel liegt.
  2. Schritt 2: Den grössten Impact-Hebel identifizieren. Analysieren Sie das Ergebnis: Ist es die Flugreise, der tägliche Fleischkonsum oder die schlecht isolierte Wohnung? Identifizieren Sie die eine oder die zwei Aktivitäten, die den Löwenanteil Ihres Fussabdrucks ausmachen. In der Schweiz bedeutet das auch, über den reinen Konsum hinauszudenken: Welchen Einfluss haben Sie als Bürger via kantonale Initiativen oder als Investor via Ihre Pensionskasse?
  3. Schritt 3: Messbare Ziele setzen. Formulieren Sie Ihre Ziele spezifisch und messbar. Nicht « weniger fliegen », sondern « maximal eine Kurzstreckenflugreise pro Jahr ». Nicht « nachhaltiger essen », sondern « den Fleischkonsum auf maximal zweimal pro Woche reduzieren ». Nur so wird Ihr Fortschritt sichtbar.
  4. Schritt 4: Zertifizierte Lösungen wählen. Setzen Sie auf geprüfte Qualität. Ein Wechsel zu Ökostrom ist ein guter Anfang, aber verstehen Sie den Unterschied: Labels wie « naturemade star » garantieren einen echten ökologischen Mehrwert, während andere Zertifikate oft nur Herkunftsnachweise sind.
  5. Schritt 5: Fortschritt verfolgen und anpassen. Ein Plan ist nur so gut wie seine Umsetzung. Überprüfen Sie Ihre Ziele quartalsweise. Nutzen Sie Tracking-Tools oder führen Sie ein einfaches Tagebuch. Feiern Sie Erfolge und justieren Sie den Plan, wenn sich Ihre Lebensumstände ändern.

Vegan leben, demonstrieren oder Karriere wechseln: Wo bewirken Sie am meisten?

Sobald Sie Ihren persönlichen Fussabdruck kennen, stellt sich die entscheidende Frage der Priorisierung: Wo entfaltet Ihr Engagement die grösste Wirkung? Nicht jede gut gemeinte Aktion hat den gleichen « Impact-Hebel ». Die Entscheidung, ob Sie Ihre Ernährung umstellen, auf die Strasse gehen oder gar den Beruf wechseln, hat fundamental unterschiedliche Konsequenzen. Eine Gegenüberstellung hilft, die verschiedenen Dimensionen von Wirkung zu verstehen: den direkten CO2-Impact und den langfristigen, systemischen Einfluss.

Die folgende Tabelle vergleicht typische Handlungsoptionen für Schweizer Bürger und bewertet deren potenziellen Einfluss. Sie dient als strategisches Werkzeug, um den eigenen Fokus zu schärfen, basierend auf Analysen zu Wirkungspfaden.

Vergleich der Wirkungshebel für Schweizer Bürger
Massnahme Direkter CO2-Impact Systemischer Einfluss Umsetzbarkeit
Vegane Ernährung -1.5t CO2/Jahr Mittel (Marktsignal) Hoch
Demonstration Bundesplatz Minimal Niedrig-Mittel Sehr hoch
Kantonale Volksinitiative Variabel Sehr hoch (direkte Demokratie) Mittel
Karriere in Cleantech/ESG Variabel Sehr hoch (Multiplikator) Niedrig-Mittel

Die Analyse der Tabelle offenbart eine wichtige Erkenntnis: Während eine vegane Ernährung einen signifikanten und sofort messbaren direkten CO2-Impact hat, liegt der grösste Hebel für systemische Veränderung woanders. Die Teilnahme an einer Demonstration auf dem Bundesplatz ist zwar ein wichtiges politisches Signal, ihr direkter Einfluss ist jedoch kaum messbar. Deutlich wirksamer ist die aktive Teilnahme an der direkten Demokratie, etwa durch das Ergreifen oder Unterstützen einer kantonalen Volksinitiative, die ganze gesetzliche Rahmenbedingungen verändern kann.

Den potenziell grössten Multiplikator-Effekt hat jedoch ein Karrierewechsel in einen Sektor mit Nachhaltigkeitsbezug. Hier wird der eigene Beitrag skaliert und beeinflusst ganze Unternehmen oder Branchen. Wie Adèle Thorens Goumaz, als damalige Präsidentin der OdA Umwelt, treffend feststellte:

In allen Berufen, die einen Bezug zum ökologischen Wandel haben, ergibt sich ein riesiger Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften.

– Adèle Thorens Goumaz, Interview als Präsidentin der OdA Umwelt

Warum Papierstrohhalme Ihr Klima-Karma nicht retten

Symbolische Handlungen wie der Verzicht auf Plastikstrohhalme sind populär. Sie sind sichtbar, einfach umzusetzen und vermitteln das Gefühl, das Richtige zu tun. Doch aus der Perspektive der Wirkungsmessung sind sie oft Teil der « Prioritäten-Falle ». Sie lenken unsere Aufmerksamkeit und Energie auf Probleme von marginaler Relevanz und wiegen uns in falscher Sicherheit. Die Grössenordnungen sind dabei entscheidend: Berechnungen des BAFU zeigen die Verhältnisse deutlich auf, denn ein Papierstrohhalm spart 0.003kg CO2, während eine einzige Stunde Heizung in einem durchschnittlichen Schweizer Einfamilienhaus rund 2.5 kg CO2 verursacht.

Das Problem an diesen symbolischen Gesten ist nicht die Handlung selbst, sondern der psychologische Effekt. Sie können als « moralische Lizenz » wirken: Weil wir im Kleinen etwas Gutes getan haben, erlauben wir uns unbewusst, an anderer, viel wichtigerer Stelle weniger konsequent zu sein. Der Fokus auf den Strohhalm lenkt davon ab, über die Sanierung der Heizung, die Dämmung des Hauses oder die Wahl des Stromanbieters nachzudenken – Entscheidungen, deren Impact um den Faktor Tausend oder mehr grösser ist.

Der wahre Hebel liegt nicht im Austausch eines Wegwerfprodukts durch ein anderes, sondern in der Etablierung von systemischen Veränderungen. Ein hervorragendes Schweizer Beispiel dafür ist das Mehrwegsystem « recircle ».

Fallbeispiel: Schweizer Mehrwegsystem ‘recircle’ als echte Systemlösung

Das Schweizer Mehrwegsystem ‘recircle’ zeigt, wie echte Systemveränderungen statt Symbolpolitik funktionieren: Über 1500 Restaurants in der ganzen Schweiz nutzen bereits die wiederverwendbaren Behälter für Take-away-Gerichte. Anstatt Einwegverpackungen durch andere Einwegverpackungen zu ersetzen, wird das gesamte System auf Wiederverwendung umgestellt. Damit werden jährlich Tonnen von Abfall vermieden. Dies ist ein Beispiel für einen messbaren Impact, der weit über das grüne Gewissen hinausgeht und eine ganze Branche transformiert.

Die Lehre daraus ist klar: Fragen Sie sich bei jeder Handlung nicht nur « Ist das besser als die Alternative? », sondern « Ist dies der grösste Hebel, den ich gerade zur Verfügung habe? ».

Flugreisen oder Fleischkonsum: Was zuerst ändern für maximale Klimawirkung?

Die Debatte zwischen dem Verzicht auf Flugreisen und der Reduktion des Fleischkonsums gehört zu den Klassikern im persönlichen Klimaschutz. Beide Bereiche sind unbestritten grosse « Impact-Hebel ». Eine einzige Flugreise nach New York und zurück verursacht pro Person mehr CO2 als ein ganzes Jahr durchschnittlicher Fleischkonsum. Aus reiner Emissionssicht scheint der Fall also klar. Doch für eine effektive Strategie zählt nicht nur der absolute Impact, sondern auch die Umsetzbarkeit und der persönliche Kontext in der Schweiz.

Visueller Vergleich der Klimawirkung von Flugreisen über den Alpen und Fleischkonsum auf einer Schweizer Weide

Eine aktuelle Erhebung des Bundesamtes für Statistik liefert hierzu eine aufschlussreiche Perspektive: Im Jahr 2023 gaben 26% der Schweizer an, nie das Flugzeug zu nehmen, während nur 6% angaben, nie Fleisch zu essen. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass für einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung der Hebel « Fliegen » bereits ausgeschöpft ist oder gar nicht existiert. Für diese grosse Gruppe stellt die Ernährung den weitaus relevanteren und oft noch ungenutzten Hebel dar. Für die Minderheit der Vielflieger hingegen bleibt die Reduktion von Flugreisen die mit Abstand wirkungsvollste Einzelmassnahme.

Die Entscheidung « Fliegen oder Fleisch » ist also keine Entweder-oder-Frage, sondern eine Frage der persönlichen Priorisierung basierend auf dem eigenen Lebensstil (siehe Schritt 1 des 5-Schritte-Plans). Wer mehrmals pro Jahr fliegt, sollte hier ansetzen. Für die Mehrheit der Bevölkerung, die selten oder gar nicht fliegt, bietet eine bewusste Reduktion des Konsums von tierischen Produkten, insbesondere von Rindfleisch, den grössten und am einfachsten umzusetzenden Hebel zur schnellen Reduktion des persönlichen CO2-Fussabdrucks. Der beste Ansatz ist, den grössten Posten in der eigenen Bilanz zuerst anzugehen.

Verbot, Steuer oder Nudging: Welches Instrument schützt Umwelt am effektivsten?

Wirksamer Umweltschutz findet nicht nur im Privaten statt, sondern wird massgeblich durch politische Rahmenbedingungen geformt. Staaten und Gemeinden stehen dabei verschiedene Instrumente zur Verfügung, die sich grob in drei Kategorien einteilen lassen: Verbote, finanzielle Anreize (Steuern und Subventionen) sowie « Nudging » (sanftes Anstupsen). Die Frage, welches Instrument am effektivsten ist, lässt sich in der Schweiz mit ihrer direkten Demokratie nicht pauschal beantworten.

Die Wirksamkeit hängt stark von der politischen Akzeptanz ab. Das gescheiterte CO2-Gesetz von 2021 ist ein Lehrstück dafür: Obwohl es einen Mix aus Abgaben und Anreizen vorsah, wurde es von der Bevölkerung als zu einschneidend und bevormundend empfunden und daher abgelehnt. Harte Instrumente wie Verbote und neue Steuern haben es an der Urne oft schwer. Erfolgreicher sind oft Instrumente, die auf Freiwilligkeit, finanzielle Vorteile oder clevere Verhaltenslenkung setzen. Hier sind einige Beispiele erfolgreicher Umweltinstrumente in der Schweiz:

  • Verbot: Kantonale Plastiksackverbote, wie sie in Genf und der Waadt eingeführt wurden, sind direkt wirksam und eliminieren das Problem an der Wurzel. Sie bleiben jedoch politisch oft umstritten und sind nur für eng definierte Probleme geeignet.
  • Steuer/Abgabe: Die CO2-Abgabe auf Brennstoffe (Heizöl, Erdgas) ist ein etabliertes Lenkungsinstrument. Mit derzeit 120 CHF pro Tonne CO2 schafft sie einen finanziellen Anreiz für den Umstieg auf klimafreundlichere Heizsysteme. Ihre Lenkungswirkung ist messbar, und ein Teil der Einnahmen wird an die Bevölkerung zurückverteilt.
  • Nudging: Die SBB-Sparbillette sind ein Paradebeispiel für erfolgreiches Nudging. Ohne Zwang oder Verbote werden Reisende durch günstigere Preise dazu « angestupst », Züge ausserhalb der Stosszeiten zu nutzen. Dies optimiert die Auslastung und reduziert den Bedarf an zusätzlichen Zügen, ganz ohne den moralischen Zeigefinger.
  • Kombination: Das PET-Recycling-System mit seinem dichten Netz an Sammelstellen kombiniert den finanziellen Anreiz für die Industrie (über vorgezogene Recyclinggebühren) mit hoher Bequemlichkeit für die Konsumenten und erreicht so extrem hohe Sammelquoten.

In der Schweizer Konsensdemokratie erweist sich oft ein intelligenter Mix aus sanften Anstössen, klaren finanziellen Anreizen und nur punktuellen, breit akzeptierten Verboten als der nachhaltigste Weg zum Erfolg.

Das Wichtigste in Kürze

  • Wirksamer Klimaschutz erfordert Fokus: Konzentrieren Sie sich auf Ihre 1-2 grössten Impact-Hebel statt auf symbolische Kleinigkeiten.
  • Systemische Veränderungen (z.B. über die Pensionskasse oder kantonale Initiativen) haben oft eine grössere Wirkung als reine Konsumentscheidungen.
  • Messbarkeit ist entscheidend: Nutzen Sie Werkzeuge wie den WWF-Footprint-Rechner, um von vagen Vorsätzen zu konkreten, nachverfolgbaren Zielen zu gelangen.

Greenwashing erkennen und echte Nachhaltigkeit finden: Der 5-Schritte-Check

Sobald Sie sich für einen Handlungspfad entschieden haben – sei es als Konsument, Investor oder politischer Akteur – wartet die nächste Herausforderung: Greenwashing. Viele Unternehmen und Produkte schmücken sich mit einem grünen Anstrich, ohne dass dahinter eine substanzielle ökologische Leistung steht. Um sicherzustellen, dass Ihr Engagement auch wirklich dort ankommt, wo es Wirkung zeigt, ist ein kritischer Blick unerlässlich. Die folgende Checkliste hilft Ihnen dabei, leere Versprechen von echter Nachhaltigkeit zu unterscheiden.

Ihre Checkliste: Greenwashing in der Schweiz entlarven

  1. Anerkannte Labels prüfen: Verlassen Sie sich nicht auf unternehmenseigene Fantasie-Labels. Suchen Sie nach unabhängigen, strengen Zertifizierungen. In der Schweiz sind dies beispielsweise die « Knospe » von Bio Suisse für Lebensmittel, « naturemade star » für Ökostrom mit ökologischem Mehrwert oder das « Fairtrade Max Havelaar »-Label für fair gehandelte Produkte.
  2. « Swissness » hinterfragen: Das Schweizerkreuz auf einer Verpackung ist ein Herkunftszeichen, aber kein Garant für Nachhaltigkeit. Ein Produkt kann in der Schweiz verarbeitet worden sein, während seine Rohstoffe unter umweltschädlichen Bedingungen aus dem Ausland stammen. Fragen Sie nach der Transparenz der gesamten Lieferkette.
  3. Nachhaltigkeitsberichte einfordern: Seriöse Unternehmen legen ihre Nachhaltigkeitsleistung transparent offen. Verlangen Sie Berichte, die nach internationalen Standards wie der Global Reporting Initiative (GRI) erstellt und idealerweise von einer externen Revisionsstelle geprüft wurden. Vage Aussagen wie « Wir engagieren uns für die Umwelt » sind wertlos ohne Daten.
  4. Mit NGO-Ratings vergleichen: Unabhängige Organisationen wie der WWF Schweiz oder Greenpeace durchleuchten regelmässig Branchen, Banken und Pensionskassen. Deren Ratings bieten eine kritische Zweitmeinung und helfen, die tatsächliche Leistung eines Unternehmens im Vergleich zu seinen Konkurrenten einzuschätzen.
  5. Lieferkettentransparenz prüfen: Echte Nachhaltigkeit zeigt sich in der Transparenz. Kann ein Unternehmen lückenlos nachweisen, woher seine Rohstoffe kommen und unter welchen Bedingungen sie produziert wurden? Besonders bei « Swiss Made »-Produkten ist dies ein entscheidendes Kriterium, das oft vernachlässigt wird.

Dieser kritische Blick schützt Sie nicht nur davor, auf leere Marketingversprechen hereinzufallen, sondern sendet auch ein starkes Signal an die Wirtschaft: Nur echte, messbare Nachhaltigkeit wird vom Markt belohnt.

Umweltschutz konkret: Welche Massnahmen bewirken messbare ökologische Verbesserung?

Wir haben gesehen, dass der Weg zu messbarer Wirkung über strategische Priorisierung, das Erkennen von Greenwashing und die Wahl der richtigen Instrumente führt. Doch welche Massnahmen stehen am Ende dieser Kette und führen zu konkreten, positiven Veränderungen? Die Antwort liegt in der Fokussierung auf die Spitze der « Impact-Pyramide »: Dort, wo individuelle Handlungen auf systemische Hebel treffen und sich gegenseitig verstärken. Das UBS Sorgenbarometer 2024 verdeutlicht, dass die Umwelt zwar ein wichtiges Thema ist, aber oft hinter unmittelbareren Sorgen wie den Krankenkassenprämien zurücksteht. Umso wichtiger ist es, die Anstrengungen dorthin zu lenken, wo sie den grössten Effekt haben.

An der Basis der Pyramide stehen wichtige, aber wenig wirksame Alltagsroutinen wie das Recycling. In der Mitte finden sich signifikante Konsumentscheidungen wie die Reduktion von Flugreisen oder Fleischkonsum. An der Spitze jedoch thronen institutionelle und systemische Veränderungen. Hier geht es darum, als Investor die eigene Pensionskasse zu nachhaltigen Anlagen zu bewegen, als Bürger politische Rahmenbedingungen mitzugestalten oder als Unternehmer neue, nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Genau an dieser Schnittstelle entsteht der grösste messbare Impact.

Erfolgsbeispiel: Schweizer Energiegenossenschaft mit messbarem Impact

Ein Bündner Bergdorf hat vorgemacht, wie der Hebel an der Spitze der Pyramide funktioniert. Konfrontiert mit hohen Strompreisen und dem Wunsch nach mehr Autarkie, gründeten die Bürger eine lokale Energiegenossenschaft. Gemeinsam investierten sie in Photovoltaik-Anlagen auf kommunalen und privaten Dächern sowie in ein kleines Wasserkraftwerk. Ein Teil der Finanzierung wurde durch eine gezielte Investition der Pensionskasse eines Kantons sichergestellt. Heute produziert das Dorf 125% seines eigenen Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen, speist den Überschuss ins Netz ein und generiert damit Einnahmen für die Gemeinde. Dies ist ein perfektes Beispiel für den höchsten Hebel: eine institutionelle Veränderung, angetrieben von Bürgern, die zu einem messbaren, lokalen und wirtschaftlich erfolgreichen ökologischen Ergebnis führt.

Solche Beispiele zeigen, dass die grösste Wirkung dann entsteht, wenn wir unsere Rolle nicht nur auf die des Konsumenten beschränken. Indem wir als Bürger, Investoren und Innovatoren handeln, können wir die Strukturen verändern, die unseren ökologischen Fussabdruck im Grossen und Ganzen bestimmen.

Um Ihre Strategie zu vervollständigen, sollten Sie sich stets auf Massnahmen mit dem grössten messbaren Verbesserungspotenzial konzentrieren.

Beginnen Sie noch heute damit, Ihren grössten Impact-Hebel zu identifizieren. Statt sich zu fragen « Was kann ich noch tun? », fragen Sie sich « Wo bewirke ich am meisten? ». Der erste Schritt zur Wirkung ist eine strategische Entscheidung.

Rédigé par Sabine Keller, Sabine Keller ist dipl. Umweltingenieurin ETH mit Spezialisierung auf erneuerbare Energien und Ressourcenmanagement. Seit 16 Jahren plant und begleitet sie als Beraterin Projekte im Bereich Energieeffizienz, Photovoltaik, Gewässerschutz und Kreislaufwirtschaft. Sie ist Inhaberin eines Ingenieurbüros für nachhaltige Energielösungen und engagiert sich in Fachgremien für Klimaschutz und Biodiversitätsförderung.